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Lost: 6. Staffel, 17. und 18. Folge

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Achtung! Spoiler!
Episode Title: »The End (1+2)«
Episode Number: 6.17/6.18 (#119+#120)
First Aired: May 23, 2010 (Sunday)
Umblätterers Episodenführer (Staffeln 4, 5 und 6)

Ein steinerner Riesenkorken wird gehoben. Eine Insel rüttelt und schüttelt sich. Ein Mann in Schwarz wird wieder menschlich. Ein Flugzeug wird repariert. Das Neue Testament wird plagiiert. Und die unabgestürzte L.A.-Welt entpuppt sich als Fegefeuer für Arme. »Lost« ist vorbei und gewinnt den Sonderpreis für esotherische Serienfinals.

1. L.A.-Plot

In der L.A.-Anderswelt läuft zunächst alles auf das abendliche Konzert zu, später auf eine Vergebungsorgie in dieser komischen Eloise-Hawking-Kirche, bekannt aus einer der furchtbarsten Szenen der gesamten Serie, der SciFi-Schrott-Suada in Folge 5.06. Vorher kriegen alle Charaktere der unabgestürzten Fegefeuer-Welt Erinnerungsflashs. Szenen ihrer Inselabenteuer ziehen an ihnen vorrüber, wie im Moment des Todes, und ganz so falsch liegt man damit ja nicht.

Desmond als Organisator des L.A.-Finales nimmt den Sarg von Christian Shephard entgegen, bei der Nennung des Namens macht sich Kate darüber lustig: »Christian Shephard? Seriously?« Und tatsächlich, mir fiel diese billige Offensichtlichkeit in ihrer billigen Offensichtlichkeit zum ersten Mal auf. Danke, Freckles!

Sayid und Hurley, die ja in der vorangegangenen Folge von Desmond gepaart wurden, wollen inzwischen »Drive Shaft«-Charlie zum bevorstehenden Konzert abholen, aber der will nicht. Hurley schießt ihn mit einer riesigen Betäubungspistole um und lädt ihn in den Truck, eine schöne Szene.

Cop Miles sieht Sayid beim Konzert ankommen, äh, wird der nicht grad hochsicherheitsmäßig verlegt? Er ruft also Cop Sawyer an, der sich darauf ins KKH begibt, um für Sun Personenschutz zu leisten, da sie eventuell Gefahr laufe, von Sayid aufgesucht zu werden, da sie die einzige überlebende Zeugin seiner Metzelorgie in Sachen Keamy & Co. gewesen sei.

Bei Sun und Jin im Spital kreuzt Juliet auf und zeigt ihnen per Ultraschall ihre werdende Tochter Ji Yeon, eine Parallelszene zu Folge 3.19, als auf der Insel genau dasselbe passierte. Sun wird geflasht von Inselerinnerungen: »I … remember!« – und jetzt hat auch Jin Halluzinationen, wir kriegen die komplette Sun-&-Jin-Story noch mal daumenkinoartig vorgespielt (ist wie immer grenzwertig). Und auf einmal können die Beiden auch wieder Englisch sprechen. »Congratulations!«, sagt Juliet, was soll man sonst auch sagen, wenn jemand plötzlich einfach so Englisch sprechen kann, hehe.

Ebenfalls im Krankenhaus zugegen sind Patient Locke und Doc Jack. Locke fragt, ob das funktioniere mit der OP, darauf Jack: »Well, there’s always the chance that I could kill you.« Beide müssen sehr lachen, und durch diesen Kommentar wird schön der Insel-Antagonismus thematisiert, es ist eigentlich fast der beste Satz dieses Finales.

Dann erfolgt die Bestätigung: Juliet ist Jacks Ex-Frau und Mutter dieses Piano spielenden Sohnes, der dann übrigens später in der Folge nicht mehr existieren wird, zack.

Hurley hängt immer noch mit Sayid ab, er muntert ihn auf, er sei doch ein cooler Typ und solle sich nicht von anderen sagen lassen, wer er sei. Sehr unzufällig passiert dann vor einer Nebenstraßenkneipe eine Schlägerei, eine Blondine wird hart angepackt, Sayid rettet sie, es ist Shannon, in Folge 2.08 aus Versehen erschossen von Ana Lucia, und beide flashen und kennen auf einmal ihre Namen, und romantisch wird es. Boone, Shannons Bruder und ebenso wie sie Inselopfer, ist auch am Start und hat diese Szene irgendwie mit Hurley abgesprochen.

Redhead Charlotte kriegt noch einen Kurzauftritt spendiert, sie darf Charlie aufwecken. Auch Faraday taucht auf und gibt sich samt Künstlerhut und Künstlername (»Daniel Widmore«) als Pianist aus, begleitet wird er von »Drive Shaft«. Bei Konzertbeginn treffen sich Charlies und Claires Blicke, Claire steht auf und begibt sich auf der Suche nach sanitären Anlagen in den Backstage-Bereich.

Dort hilft ihr Kate bei der Geburt, so wie damals auf der Insel, und wieder zucken ihnen ein paar Erinnerungsbilder durch die Hirne. Auch Charlie kniet sich in die Szene hinein und flasht. Desmond fragt Kate dann rhetorisch: »Do you understand?« Eloise Hawking im typischen Oma-Look wiederum fragt den Schotten: »And once they know, what then?« Desmond: »Then? We’re leaving!«

Mittlerweile ist im Krankenhaus die Operation gelungen: »It wor­ked!«, sagt Locke. Überhaupt ist diese Finalfolge wieder ein Fest der wiederkehrenden Wendungen (»dude«, »there are rules«, »and never look back«, »this is what I’m supposed to do«, »the island needs you«, »I believe in you«, »now you’re like me«, »I’ll see you in another life, brother« usw.). Jedenfalls kann Locke seine Beine wieder fühlen und auch bewegen. Nun hat auch er einen Erinnerungsblitz und verwirrt Jack mit seinen Aussagen: »You don’t remember?«

Sawyer ist ja auch im Haus und will sich am Automaten irgendeinen Candy-Riegel holen. Es folgt ein erst umständliches, dann herzliches Tête-à-tête genau in diesem sterilen Ambiente, Juliet und Sawyer kriegen Rückblicke auf ihre gemeinsame Zeit bei den Dharmas spendiert.

Inzwischen hat das Konzert unerwartet rasch geendet, Jack kommt zu spät und trifft nur noch Kate an. Auf geht’s zur Eloisenkirche. Dort, wo die L.A.-Welt ihrem Ende entgegengeht, rollt auch Locke an einem grübelnden Ben vorbei, der sich ganz generell für sein Tun entschuldigt. Locke vergibt ihm, hier spätestens beginnt die Vergebungsorgie. Locke steht dann aus seinem Rollstuhl auf und grinst und sagt: »Goodbye, Ben!«

In der Kirche steht Jack schließlich am Sarg seines Vaters, er berührt das Sargholz, *flash!*. Der Sarg ist, wie es sich für einen Sarg à la Christian »Silberfuchs« Shephard gehört: leer. Hinter Jacks Rücken erschallt sein Erkennungssatz: »Hey, kiddo!«

Ein Gespräch zwischen untotem Vater und untotem Jack folgt. Dieser Schlagabtausch wird die zukünftige »Lost«-Exegese wohl am meisten beschäftigen. Jack erkennt irgendwie das hier: »I died, too.« »It’s okay, son«, sagt da sein Vater. Er sagt dann auch noch Sachen wie »There is no now, here.« Ins Blick rutscht ein überkonfessionell gestaltetes Kirchenfenster (Halbmond, Davidstern, Om-Zeichen, Kreuz, Dharmachakra, Taiji).

Alle brauchen irgendwie alle, soweit die Aussage des alten Shephard, »to remember and let go« usw. usf. Am Ende sehen wir Umarmungen zwischen den in der Kirche anwesenden Lostianern. Chris Shephard geht zur Tür hinaus, hinter den sich öffnenden Türflügeln bricht ein unermessliches Licht herein, wie in Ungarettis berühmtem »Mattina«-Gedicht: »M’illumino d’immenso.«

Ein sehr esoterisches Ende. Richtig zusammengeschrieben wurden die beiden Parallelwelten also nicht, dafür waren die »Lost«-Autoren vielleicht einfach nicht gut genug, hehe. Am Ende wartet aber Frieden, Vergebung, Gleichzeitigkeit von allem und allen, das ist doch auch was. Und damit ist die Serie ja noch nicht mal vorbei. Sie endet da, wo sie begonnen hat: auf der Insel.

2. Inselgeschehen

Kate sieht Jack von hinten im Wasser stehen, das muss der Garten Getsemane sein und die erste von übervielen Anspielungen auf das Neue Testament. Sawyer übertreibt gleich wieder und bringt auch das A.T. ins Spiel, indem er Jacob als »burning bush« bezeichnet und wissen will, was dieser zu Jack gesagt hat. Nun, vor allem, dass sie zum Lichtloch ziehen sollen.

Hernach gerät Sawyer kurz in die Fänge des Duos Ben/Fake-Locke, es geht ein bisschen hin und her, dann tut Sawyer seinen Ellbogen in Bens Gesicht und kann fliehen. Desmond wurde inzwischen bei Rose und Bernard gesund gepflegt, es gibt dort auch ein Wiedersehen mit Hund Vincent. Schon aber tauchen Fake-Locke und Ben auf und holen sich den Schotten.

Unterdessen versucht Miles Kontakt aufzunehmen mit Ben, er hat Alpert gefunden, der die Stoßattacke des Rauchmonsters in der letzten Folge nun doch überlebt hat, was ja selbst für einen Unsterblichen sicher nicht so einfach war. Kurz darauf entdeckt Miles bei Richard ein erstes graues Haar, vielleicht darf er jetzt perspektivisch doch irgendwann den Löffel abgeben.

Beim Übersetzen auf die Hydra-Insel, wo ja der Flieger liegt, taucht aus den Untiefen des Drehbuchs und des Ozeans Chopper-Frank auf, der nicht ohne Grund seit mehreren Staffeln mitgeschleift wird. Er trägt immer noch sein räudiges Pilotenhemd. Er schlägt vor, einfach ohne den Rauchmonstermann mit dem Flugzeug die Insel zu verlassen: »In case you haven’t noticed, I’m a pilot.«

Dann! Auf einer Anhöhe treffen beide Parteien aufeinander, die Jacob-Getreuen samt Jack stehen nun direkt Camp Rauchmonster gegenüber. High Noon? Kate fängt auch sofort an zu schießen, das macht bei Unverwundbarkeit natürlich null Sinn, Fake-Locke lacht sich kaputt und macht dann eine schöne Bemerkung zu Jack: Er sei ja irgendwie die naheliegende Wahl gewesen als Neu-Jacob, wie langweilig. Eine schöne Überraschung, dass der Showdon vorerst ausbleibt und dann beide Parteien gemeinsam zum Lichtloch ziehen, um dort dann sozusagen die Insel die Entscheidung fällen zu lassen.

Ab einem bestimmten Punkt gehen nur noch Fake-Locke, Jack und Elektro-Desmond weiter, der dann a.a.O. per Seil hinabgelassen wird. Die Lichthöhle wirkt als Kulisse übrigens billiger als die Pappbauten für die Nibelungen-Verfilmungen der 1920er Jahre. Unten humpelt Des dann in so einer Art Erlebnisdisko herum und hebt in der Mitte eines Wasserbassins einen steinernen Korken heraus. Das Bild verwackelt, Geräusche erklingen, die nahelegen, dass eine große Maschine ausgeht.

Draußen streiten sich Fake-Locke und Jack darum, wer nun Recht hatte. Bei der Kabbelei wird Fake-Lockes Mund blutig geschlagen (»My mouth’s bleeding, Bert! My mouth’s bleeding!«). Er ist also wieder: verwundbar! Dann setzt DER GROSSE REGEN ein. Der gefakte Locke verschwindet irgendwie, Jack geht nach Desmond kucken. Und Ben rettet Hurley das Leben und landet selber unter einem Baum.

Auf der Nachbarinsel wird parallel dazu der Ajira-Flieger repariert, Miles glaubt an nicht viel, aber an Panzertape! Und dann springt die Maschine an, der Flight of the Phoenix kann beginnen! Vorher kommt es aber noch zum Endkampf an den Klippen. Fake-Locke sticht Jack in die rechte Seite, und hier wird die Inselhandlung nun endgültig zu dessen ganz persönlichem Passionsspiel.

Während das Rauchmonster in Locke-Gestalt zum finalen Stich an Jacks Kehle ansetzt (so lässt sich auch seine Wunde in der L.A.-Parallelwelt erklären), während es also schlecht aussieht für Jack, wird der Mann in Schwarz feige von hinten erschossen, von Kate, und diesmal hat sie Erfolg, denn der Inselschurke muss ja mittlerweile ohne den Invulnerability-Cheat auskommen, seine letzten Worte sind: »You’re too late!« Dann liegt er da und Jack stößt ihn achtlos die Klippen hinab.

Die Insel bebt aber noch immer, also muss der Steinstöpsel wieder an seine vormalige Position zurück, es kommt wieder zu einer der grandiosen Gruppenteilungen, der allerletzten in »Lost«: Jack, Ben, Hurley ziehen zum Lichtloch, Sawyer, Kate und Claire machen sich auf zum Ajira-Flieger, den sie auch gerade noch so erreichen. Ajira 316 hebt ab, mit 6 Leuten an Bord: Kate, Claire, Miles, Sawyer, Lapidus, Richard.

Vorher, nach der Hinmordung des Monsters an den Klippen, kam es noch zur Erphyllung aller Träume der Jack-&-Kate-Fraktion, »I love you!« hieß es da, und Sawyer, der Davidoff-Mann, stand bedröppelt im Hintergrund.

Am Lichtloch wird nun Unglücksrabe und Publikumsliebling Hurley als Großer Inselprotektor inauguriert. Aus einer vermoderten Oceanic-Plastikflasche kriegt er Pfützenwasser verabreicht, eine interessante Variante des Abendmahlskelchs. Hurley muss den Job übernehmen, weil Jack sich opfern will. Denn nun ist er es, der sich abseilen lässt. Unten trifft er Desmond, den er wegschickt. Die Rettung der Insel und der Welt gelingt, schöne Musik erklingt, das Wasser fließt wieder. Des wird wieder hochgezogen zu Hurley und Ben.

»Jaaaaaaaaack!« Aber Jack is gone, Hurley fragt, was er jetzt machen soll, Ben: vielleicht gebe es einen besseren Weg, die Insel zu managen als Jacob das getan hat. Ben wird zum Inselberater ernannt und gibt sich damit auch zufrieden: »I’d be honoured.«

Jack erwacht dann außerhalb des Lichtlochs, Auferstehung etc., er legt sich zum Sterben an die Stelle, wo die Serie vor knapp 6 Jahren, am 22. September 2004, begonnen hat, zwischen irgendwelche Bambusstämme. Hund Vincent stößt hinzu (warum das denn!), hoch oben sehen wir die Ajira-Maschine davonfliegen, dann zoomt die Kamera auf Jacks Auge, das sich schließt, Ende.

L O S T

Alle Welt ist zufrieden oder unzufrieden mit diesem Ende, Tao von Critik en séries liegt aber ziemlich richtig, wenn er schreibt: « Ce final, c’est seulement un épisode de plus et c’est tout. Dans dix ans, on se souviendra de Lost pour des dizaines de choses, pas forcément pour ces dernières minutes. De la même façon, quand on parle de Friends, on n’évoque pas d’emblée le dernier épisode. »

Das sablog vermutet übrigens, »dass der Großteil der treuen Zuschauer eben eher aus der SciFi-Fangemeinde stammt«, die nun ohne SciFi-gemäße Antworten entlassen wurde. In meinem Umfeld dagegen fanden alle die für den SciFi-Turn hauptverantwortliche Folge 4.05 furchtbar und schrecklich, einige sind genau deswegen ausgestiegen.

Und Lindelof hat ja im »Wired«-Interview die Aussage bejaht: »It would have been hard to have a six-year show about people marooned on an island without science fiction elements.« Der ganze SciFi-Schrott war also offenbar vor allem ein Mittel, um die Show etwas abwechslungsreicher in die Länge zu ziehen, das ist doch auch mal eine Feststellung.

Spielt letztlich aber nun alles keine Rolle, und die schlausten Worte zu »Lost« und dem, was es gewesen sein wird, sind wie so oft hier zu lesen: »Lost war nie etwas anderes als Disneyworld. Lost war ein Themenpark.«


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